„Wie ganz anderes war es dagegen am heiligen Abend im Schützengraben. Auch dort haben wir unter Kanonendonner und Gewehrgeknatter Weihnachtslieder gesungen.“
woensdag, 18. december 2024 - 15:20Weihnachten ist eines der wichtigsten christlichen Feste. Die Weihnachtszeit steht für Besinnlichkeit und Frieden, die man gerne im Kreise der Liebsten verbringt. In diesem Jahr des Ersten Weltkrieges war der Mettmanner Wilhelm Großsteinbeck jedoch getrennt von seiner Familie. Er verbrachte den Weihnachtsabend unter Beschuss an der Front in Frankreich:
„Wir hatten uns schon darauf gefaßt gemacht das Weihnachtsfest im Schützengraben zubringen zu müssen, und auf einen Weihnachtsbaum verzichten zu müssen. Aber es kam anders, Einige Kameraden waren gestern Abend einige Stunden vorher ins Lager gegangen und hatten in unserem Zelt einen Weihnachtsbaum geschmükt. So strahlte uns denn, als wir aus dem Schützengraben zurückkamen uns ein schöner großer Weihnachtsbaum entgegen. Unsre Freude war unbeschreiblich. Auch die alten Landwehrleute freuten sich wie die Kinder. Gegen 9 Uhr war sogar noch eine Bataillonsfeier. In dem großen Revierzelt war auch ein Weihnachtsbaum aufgebaut. Ein Feldprediger verlas das Weihnachtsevangelium und hielt im Anschluss daran eine Ansprache. Wir sangen unsere bekannten Weihnachtslieder. Es war sehr feierlich und mancher zerdrückte heimlich eine Träne im Auge. Dann hatten wir auch noch für unsre Kompagnie einen Baum im Freien. Unter diesem hielt unser Kompagnieführer noch eine Ansprache und die bedürftigen Kameraden wurden mit allerhand Sachen beschert. Nachher feierten wir in unserem Zelt noch mit Gesang und Erzählen bis gegen ½ 1 Uhr. Dies erste Weihnachtsfest, daß ich fern von Euch Ihr Lieben feiern muß, wird mir unvergeßlich bleiben. Gebe Gott, daß ich es nächstes Jahr wider in Euerer Mitte feiern darf. Wie ganz anderes war es dagegen am heiligen Abend im Schützengraben. Auch dort haben wir unter Kanonendonner und Gewehrgeknatter Weihnachtslieder gesungen. Wie schön wäre es gewesen, wenn uns das Weihnachtsfest doch den Frieden gebracht hätte, oder doch wenigstens die Weihnachtstage Ruhe gewesen wäre.“ – Wilhelm Großsteinbeck, 26. Dezember 1914
Seine Geschichte ist zeitloser denn je. Wilhelm Großsteinbeck steht stellvertretend für alle Soldatinnen und Soldaten, die in den Kriegen fern von ihren Familien und Freunden unter Beschuss Weihnachten gefeiert haben oder heute noch feiern. Er steht auch für die Familienangehörigen, die am Heiligen Abend fehlten oder immer noch fehlen. Dieses Beispiel aus der Geschichte veranschaulicht auch die Hoffnung auf Frieden.
Das Team des Stadtarchivs Mettmann wünscht Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Wir hoffen, dass Sie die Feiertage im Kreise Ihrer Lieben verbringen können.